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«Die Augustfeier wollen wir im Dorf behalten»

Nach 100 Tagen im Amt freut sich der Gemeindepräsident von Stettlen, Christian Kaderli (GLP), immer noch auf jede Sitzung. Im Juni hat er seine erste Feuerprobe.

| Anina Bundi | Politik
Christian Kederli im Stettler Gemeindehaus. Foto: Nik Egger
Christian Kederli im Stettler Gemeindehaus. Foto: Nik Egger

Herr Kaderli, Sie sind jetzt seit gut 100 Tagen im Amt. Wie fühlt es sich an, Gemeindepräsident zu sein?

Ich habe sehr Freude an dem Amt und freue mich jedes Mal auf meinen wöchentlichen Halbtag im Gemeindehaus, auf die Gemeinderatssitzungen und auch auf alle anderen Veranstaltungen. Natürlich hatte ich mit der Auflage der Ortsplanungsrevision auch einen super interessanten Einstieg.

Die Ortsplanungsrevision OPLA kommt im Juni an der Gemeindeversammlung zur Abstimmung. Wie stark waren Sie darin schon als Gemeinderat involviert oder wie fest mussten Sie sich ein­lesen?

Als Gemeinderat wurden wir regelmässig informiert und haben zum Teil auch mitentschieden. Aber jetzt muss oder darf ich das Thema natürlich aus einer anderen Flughöhe angehen und musste schon noch einiges lesen, damit ich gut argumentieren kann. Ich hatte dazu bereits ein Treffen mit Einwohnerinnen und Einwohnern, die kritische Fragen hatten, vor allem zum Verkehr und zu den finanziellen Auswirkungen auf die Gemeinde.

Und konnten Sie sie überzeugen?

Das sehen wir dann. Bei dem Treffen habe ich gemerkt, dass die Arbeit, die in der OPLA steckt, durchaus wertgeschätzt wird. Oft spielt es ja auch eine Rolle, wie die Gemeindeversammlung abläuft. Als es zum Beispiel um die Sanierung des Hallenbads ging, kurz nachdem das Budget abgelehnt wurde, haben ein paar leidenschaftliche Wortmeldungen an der Gemeindeversammlung die Stimmung von eher negativ zu positiv gekehrt. Obwohl das einer der wenigen Posten war, wo die Gemeinde Spielraum gehabt hätte, um zu sparen, wurde der Wert des Hallenbads für die Gemeinde höher gewichtet. Unsere Aufgabe als Gemeinderat ist es, sachlich zu bleiben und nicht emotional zu werden. Und dann entscheidet das Stimmvolk.

In den Langfristzielen des Gemeinderats ist die Integration der Bernapark-Bewohnerinnen aufgeführt. Was wird gemacht, damit sie sich auch mit Stettlen identifizieren?

Wir organisieren jedes Jahr einen Anlass für die Neu-Zugezogenen. Aber nicht alle sind interessiert daran, eine Verbindung zum Dorf aufzubauen. Es ziehen auch Leute nach Stettlen, die hier halt einfach eine gute Wohnung gefunden haben. Vielleicht muss man sich von der Idee, dass man die Leute vom Bernapark ins Dorf holen muss, auch etwas verabschieden. Sie haben dort alles vor der Tür. Was ich aber sehe, und was mich sehr freut, ist, dass die Leute aus dem Dorf Stettlen auch in den Bernapark gehen. Man geht ins Fitness, ins Restaurant, und auch das letztjährige Bernapark­fest war sehr gut besucht. Gleichzeitig ist es uns wichtig, dass nicht alles nur noch dort stattfindet. Die Augustfeier etwa wollen wir im Dorfkern behalten.

Immer wieder Thema sind die Einkaufsmöglichkeiten im Dorf. Als letztes Jahr der Spar zuging, gab es teils heftige Reaktionen auch gegenüber dem Gemeinderat.

Als Gemeinde sind wir verantwortlich für die Rahmenbedingungen. Das Projekt Dorfkern etwa hatte auch zum Ziel, bezahlbare Ladenräumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Aber am Ende entscheidet die Bevölkerung, wo sie ihre Einkäufe tätigt.Im Dorfkern besitzt die Gemeinde das ehemalige Postgebäude. Der Gemeinderat wollte das Land im Baurecht abgeben, inklusive der Verpflichtung, im Erdgeschoss eine Nutzung mit Publikumsbetrieb zu ermöglichen, also zum Beispiel einen Laden. Die Idee ist an der Gemeinde­versammlung gescheitert. 

Was sind da die nächsten Schritte?

Erstmal ist das Areal aus der OPLA ausgeschlossen, damit man später mit ­einer Überbauungsordnung allfällige neue Pläne realisieren kann. Wir werden das Thema sicher zeitnah wieder an die Hand nehmen. Ende April wird der Gemeinderat an einer Klausur auch über dieses Thema diskutieren.

Wie steht es um den Gasthof Linde im Dorf Stettlen?

Da wird es vermutlich eine Änderung geben, wenn der heutige Geschäftsführer, Christoph Meierhofer, pensioniert wird. Die Linde gehört ebenfalls dem Bernapark-Besitzer Hans Ulrich Müller. Das heisst, er wird sich über die Zukunft des Betriebs Gedanken machen. Wir würden uns natürlich wünschen, dass die Linde ein Restaurant bleibt, aber das können wir nicht vorgeben. 

Sie sind in die GLP eingetreten, kurz bevor Sie 2019 erstmals als Gemeinderat kandidiert haben, damit man Sie politisch besser einschätzen kann. Sie sagten einmal, dass sie sich zu 70 Prozent mit den GLP-Positionen identifizieren können. Welches sind die 30 Prozent, mit denen Sie nicht einverstanden sind?

Mir war immer klar, dass mir die Partei am nächsten ist. Vor Abstimmungen und Wahlen konsultiere ich jeweils Smartvote, und da schlug es mir immer GLP-Leute vor. Die 30 Prozent sind je nach Thema wechselnd. Mein Smartspider schlägt in der Dimension Law and Order etwas weniger aus. Und auch in finanzpolitischen Fragen bin ich ­etwas linker als der GLP-Durchschnitt.

Sie haben ursprünglich Lastwagenmechaniker gelernt und arbeiten heute beim RBS als Leiter Busbetriebe. Ich nehme an, als ÖV-Angestellter haben Sie ein GA. Haben Sie trotzdem noch ein Auto?

Ja, ich habe ein Gratis GA, als Kadermitarbeiter sogar erster Klasse, und meine Familie bekommt es stark vergünstigt. Wir sind viel mit dem ÖV unterwegs. Aber wir haben auch ein Auto. Leider gibt es noch keine elektrischen Kleinwagen, die man mit Anhänger fahren darf. Nun haben wir einen ­Nissan Micra und dazu einen Anhänger, mit dem ich Material transportiere, das in unserem Einfamilienhaus anfällt. Als gelernter Mechaniker habe ich durchaus einen Bezug zum Auto. Einen Porsche zu fahren, würde mir zum Beispiel schon gefallen. Aber das scheint mir jetzt einfach nicht mehr zeitgemäss. 

Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?

Als Gemeindepräsident. Ich bezeichne Politik als mein Hobby. Wobei ich dafür natürlich entschädigt werde, meiner Meinung nach nicht schlecht. Ansonsten fahre ich Mountainbike, lese sehr gern und arbeite auch gern im Garten. Dort gefällt mir, dass man der Natur am meisten dient, wenn man weniger macht. Mit meiner Frau gehe ich ausserdem viel wandern und spazieren. 

Gingen Sie in den Frühlingsferien weg? 

Ja, ich hatte zwei Wochen Ferien. In der einen Woche hatte ich auf der Gemeinde zu tun, in der zweiten fuhren meine Frau und ich mit dem Auto und den ­Velos ins Elsass. Wir haben das Leben genossen, gut gegessen und sind ein wenig Velo gefahren. 

Gibt es sonst noch etwas, was Sie sagen möchten?

Etwas, was ich sehr schätze, ist die gute Zusammenarbeit im Gemeinderat. Ich habe den Eindruck, dass da keine alten Verletzungen sind, wie das nach Wahlen in anderen Gemeinden der Fall ist. Mit Edouard Winzenried, der wie ich als Gemeindepräsident kandidiert hatte, arbeite ich weiterhin sehr gut zusammen und bin froh, dass er das Wahlresultat sportlich genommen hat. Die Kollegialität ist uns sehr wichtig. Wir gehen auch immer nach der Sitzung noch in die Linde und trinken etwas. Ein Mineral etwa (lacht). Ohne Kohlensäure.


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