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Reparieren: Statement oder Sicherheitsrisiko?

Nach «Skifahren» und «Frauen am Berg» widmet das Alpine Museum Bern die dritte Ausstellung im sogenannten «Fundbüro der Erinnerungen» dem Thema «Repair». Wobei der Begriff «Ausstellung» für dieses Projekt eindeutig zu kurz gefasst ist. 

| Muriel Willi | Kultur
Alpines Museum
Ein Flickset aus den 1950er-Jahren. Foto: zvg

Der filigran bemalte, rosarote Kinderschlitten von Anfang des 20. Jahrhunderts ist zweifellos hübsch anzusehen und der Rucksack von anno dazumal mit den vielen bunten aufgenähten Flicken ebenfalls. Dies sind nur zwei von zahlreichen Objekten aus der Sammlung des Alpinen Museums, die aus dem dunklen Depot in Zollikofen ans Licht geholt wurden. «Unser Ausstellungsraum im Untergeschoss, das Fundbüro der Erinnerungen, wurde dafür eingerichtet, die Sammlung sichtbar zu machen», sagt Ausstellungskuratorin Rebecca Etter.

Die Gegenstände sollen aber nicht nur bestaunt werden, die erst dritte Ausstellung mit dem Titel «Repair» dieses partizipativen Formats «Fundbüro der Erinnerungen» will zum Nachdenken, Schmunzeln und Handeln anregen. Dabei ist das Thema weit gefasst, auch die Herstellung, die Pflege oder die Umnutzung der Materialien wird miteinbezogen. «Das Thema Reparieren liegt in der Luft, auf politischer, wirtschaftlicher, ökologischer und auch gestalterischer Ebene», so Etter. Natürlich stelle der Bergsport nur eine kleine Nische dar, aber er eigne sich gut, um einen Blick auf die Kreislaufwirtschaft zu werfen, findet die Projektleiterin.

Geschichte gestalten

Dies tut das Team des Alpinen Museums einerseits mittels Einsichten in das Nähatelier von Transa und das Materialtestlabor von Mammut, aber ebenso über ganz persönliche Tipps und Erfahrungsberichte von bergbegeisterten Frauen und Männern. So erzählt beispielsweise Luisa Deubzer vom Verein Mountain Wilderness in einem der zahlreichen Videos, wie der geflickte Reissverschluss ihres Kletterrucksacks dazu beitrug, dass dieser für sie zum wertvollen Erinnerungsstück wurde. Das faszinierende an den geflickten Objekten sind nämlich die Geschichten, die dahinterstecken. Als Zeugnis grossen Improvisationstalentes sind sie mal zum Brüllen komisch, und mal versetzen sie einen in Angst und Schrecken. Der Inhalt des Raumes soll sich während der knapp zweijährigen Ausstellungsdauer verändern. Ein ganzes Jahr können Bergfans ihre geflickten Gegenstände ins Museum bringen und die dahinter versteckte Geschichte kundtun. In einer zweiten Phase findet ein wohl nicht ganz einfacher Auswahlprozess statt, und schliesslich werden bestimmte Gegenstände neu in die Sammlung integriert.

Die kleine, aber feine Ausstellung wirft auch zahlreiche Fragen auf: Wie haben sich die Gründe fürs Flicken über die Jahre verändert? Wann kann es im Bergsport fatal werden, etwas selber zu reparieren? Inwieweit haben wir Konsumentinnen und Konsumenten die Lebensdauer eines Gegenstandes überhaupt in der Hand? Unter welchen Umständen wertet ein deutlich sichtbarer Flick einen Gegenstand auf und macht ihn zum Lieblingsobjekt? Ein Besuch im Alpinen Museum lässt aber nicht nur den Kopf brummen – es kann auch Hand angelegt werden. Etwa wenn Studierende der Pädagogischen Hochschule Bern mitten in der Ausstellung ein Repair Café für Funktionstextilien und Outdoorequipment einrichten, oder beim Workshop «Creative Mending», an dem Textildesignerin Anne Schlueter zeigt, wie Funktions­bekleidung ästhetisch geflickt werden kann. 

 

Alpines Museum Bern, Ausstellung läuft bis Januar 2026, Dienstag bis Sonntag, 10.00 bis 17.00 Uhr

Infos: alpinesmuseum.ch

www.e-fundbuero.ch


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