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Melanie Burkhard gewinnt die Schweizer Goldschmiede-Meisterschaft: «Ich mag einfach hübsche Sachen»

Die Lernende Melanie Burkhard gewinnt die Schweizer Goldschmiede-Meisterschaft in der Kategorie Design. Zu ihrem Beruf fand sie erst spät – und mag das Meditative daran.

| Sophie Feuz | Gesellschaft
Melanie Burkhard hantiert mit wertvollsten Materialien – und ist selbst doch bodenständig geblieben. Fotos: Nik Egger
Melanie Burkhard hantiert mit wertvollsten Materialien – und ist selbst doch bodenständig geblieben. Fotos: Nik Egger

Mit den Händen arbeiten. Das ist, was Melanie Burkhard zu ihrer Drittausbildung bewog. Nun im letzten Lehrjahr, fräst, feilt und lötet sie mit Leidenschaft. Was sich auszahlt: Im Mai hat die Bernerin mit ihrem «Chärnstück» die Schweizer Goldschmiede-Meisterschaft gewonnen. 

Nach einem abgebrochenen Geschichtsstudium hat Burkhard Schmuckdesign studiert. Sie hatte dann zwar einen Bachelortitel, aber misste die handwerklichen Grundlagen, um Schmuck zu fabrizieren. Mit 30 nahm sie also die Lehrstellensuche auf sich – und fand ihren Platz im Atelier «E Luda» in der Berner Länggasse. Christa Wittwer, die das Atelier 2017 mitgegründet hat, lehrt seither Burkhard alles, was zum Beruf gehört. Und das unter Zeitdruck: Weil Burkhard schon einiges an Arbeitserfahrung mitbringt, macht sie ihr EFZ in drei statt vier Jahren. 

Als Goldschiedin benötigt Burkhard ein gutes Auge ...

03 Melanie Burkhard

... und eine ruhige Hand. 

«Sitzleder und Frusttoleranz»

Melanie Burkhard wirkt nicht wie jemand, der sich viel aus Äusserlichkeiten macht. Zerzauste Locken, schlichte Kleider, und – keinen Schmuck! Den vergisst Burkhard schlichtweg regelmässig zu Hause. Und das trotz aller Faszination. «Dass wir Zeit und Aufwand für etwas verwenden, was wir per se nicht brauchen, beeindruckt mich. Es ist wohl ein tief verwurzeltes Bedürfnis von uns Menschen, uns zu schmücken.» 

Und ihr geht es da nicht anders: «Ich mag einfach hübsche Sachen.» Ringe, Ohrschmuck, Colliers: Um aus Metallblech Schmuck zu kreieren, sind höchste Kontrolle über Material und Werkzeug gefordert. Genau das reizt Burkhard. Es komme schon vor, dass man über eine Woche am selben Stück sitze. Als Lernende sind «Sitzleder und Frusttoleranz» ausschlaggebend, erklärt sie. An ihrem Siegerstück hatte sie zweieinhalb Monate gearbeitet. Die Konzeptentwicklung nahm über die Hälfte der Zeit in Anspruch, bis es an die Handarbeit ging. 

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Das Siegerstück. Foto: zvg

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Zitrusfrüchte aus Metall

Auch im Gespräch sind diese Hände immer bewegt. Am Holztisch entlangfahren oder Umrisse in die Luft zeichnen: Besonders, wenn es um ihr «Chärnstück» geht, kann die 33-Jährige nicht stillsitzen. Das Objekt, das mit dem Grossen Preis der Disziplin Design gekürt wurde, ist erst auf den zweiten Blick als Schmuck erkennbar. Zuerst gilt es, das Innere aus dem roten Leder zu schälen. Es ist einer Zitrusfrucht nachempfunden: silberne Orangenhäutchen zieren bronzenes Fruchtfleisch. Ein Schnitz löst sich. Und darin eingebettet: der Fruchtkern aus Perlmutt. Das ist das eigentliche Schmuckstück – nicht grösser als ein Fingernagel und dank einer feinen Nadel als Pin tragbar. 

Das aufwendig gestaltete Objekt ist also nur Verpackung für den Kern. Dieser steht für die Möglichkeit, wieder zu etwas Neuem zu wachsen. So jedenfalls der Grundgedanke Burkhards. Die Idee habe sich einfach «richtig angefühlt».

Welche Rolle spielen denn Gefühle in diesem hochpräzisen Handwerk? Für Burkhard eine grosse: «Meine Stimmung überträgt sich fest auf meine Arbeit. Selbst wenn ich nach Plan arbeitete, es gibt Tage, da geht nichts.» An der Werkbank taucht Burkhard gerne in die Millimeterarbeit ab. Es sei schon fast meditativ, so konzentriert zu sein. Als Ausgleich dazu sucht sie in ihrer Freizeit Dynamik: Schwimmen, Bouldern, Joggen.

06 Melanie Burkhard

07 Melanie Burkhard

Synthetisches Elfenbein und gezüchtete Smaragde 

Ein Gramm Gold kostet aktuell um die 60 Franken. Wie ist es, sich an so teurem Material zu üben? «Man gewöhnt sich daran, dass immer wieder etwas ‹abverheit›», sagt Burkhard. Am liebsten arbeitet sie mit Rotgold, weil es zu allen Hauttypen passt. Ihr Lehrbetrieb verwendet zertifiziertes Oekogold, also recyceltes Altgold aus einer Schmelzerei in Baar.

In Zukunft will Burkhard vermehrt mit unkonventionellen, weniger edlen Materialien arbeiten. Beispielsweise mit Perlmutt oder synthetischem Elfenbein. Auch Edelsteine aus dem Labor reizen sie: Sie sind sehr nahe an natürlichen Steinen, aber kosten nur einen Bruchteil des Preises. Ihr ist wichtig, den Fokus ihres Schaffens auf die Wirkung zu legen, und nicht darauf, dass beispielsweise speziell teure Smaragde verwendet werden. Das werde in grossen Schmuckhäusern nämlich ganz anders gehandhabt, erzählt sie. Da werden Steine im Wert von mehreren Hunderttausend Franken verarbeitet, wo der Arbeitsaufwand kaum noch ins Gewicht fällt. Burkhards Ziel ist es aber, den Wert eines Stückes nicht primär über die verwendeten Materialien zu generieren, sondern durch die Arbeit, die dahintersteckt.

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3D-Drucker verändern Gewerbe

Gerade was Arbeitszeit betrifft, so zeichnen sich durch digitale Fertigungsmethoden einige Veränderungen für die Branche ab. So kann man beispielsweise mithilfe von 3D-Druckern die Gussformen effizienter fabrizieren, in die man dann das Metall giesst: So ergeben sich neue Gestaltungsmöglichkeiten und man spart sich Zeit. Und die ist oftmals gerade der ausschlaggebende Faktor in kleinen Betrieben. Oft müssten Wittwer und Burkhard bei «E Luda» Ideen zu Kundenwünschen anpassen, weil der Zeitaufwand zu hoch, respektive zu teuer sei. 

Ab Ende Sommer sucht Burkhard eine neue Stelle. Nach den Lehrabschlussprüfungen will sie in einem anderen Betrieb ihr Wissen erweitern. Sie kann es sich gut vorstellen, einmal ein eigenes Atelier zu führen. Um die Zukunft der Branche macht sie sich keine Sorgen. Sie schmunzelt: «Auch heute gibt es noch genug Leute, die mit Ring heiraten.»


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